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Ammenmärchen

Rund um das Tragen halten sich viele Ammenmärchen hartnäckig. Das soll endlich aufhören – hier einige Beispiele:

Tragen schadet der motorischen Entwicklung

Oder auch: Kein Wunder, dass es nicht laufen lernt, wenn es immer getragen wird! Das ist natürlich ein Ammenmärchen. Auch Kinder, die viel getragen werden, lernen das Drehen, Krabbeln und Laufen. Es gibt milde Hinweise auf ein besseres Körpergefühl durch Tragen, was wiederum der Motorik zugute kommt. Ebenso gibt es Hinweise darauf, dass schlechtes Tragen, also das Tragen in ungeeigneten Tragehilfen oder in sehr locker gebundenen Tüchern, der Haltemuskulatur und den Geschlechtsteilen schaden kann.

Es gibt aber keinerlei Nachweis für einen Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit oder Qualität der motorischen Entwicklung und dem Umstand, ob das Kind getragen wurde oder nicht.

Die Bewegungsmotivation von Säuglingen ist bei normaler Entwicklung so hoch, dass es nicht möglich ist, ein Kind davon abzuhalten, in seiner Entwicklung fortzuschreiten. Jeder, der mal ein acht Monate altes Kind wickeln wollte, kann ein Lied davon singen…

Tragen ruft bei Babys Haltungsschäden hervor

Dafür konnte bis heute kein Beweis erbracht werden – im Gegenteil traten bei 192 von Kirkilionis untersuchten getragenen Kindern weniger Haltungsschäden auf als im Durchschnitt der Bevölkerung. Auch die Studie „Der Einfluss des Tragens von Säuglingen und Kleinkindern in Tragehilfen auf die Entwicklung von Haltungsschäden im Schulkindalter“ (pdf) sieht bei viel getragenen Kindern keinen erhöhten Anteil an Rückenauffälligkeiten, ihr Fazit lautet: „Das Tragen von Kleinstkindern in Tragevorrichtungen [zieht] weder negative Auswirkungen auf die Haltungsentwicklung noch auf die Entwicklung von Wirbelsäulendeformitäten mit sich. (84) Und: „Die Ausbildung von normabweichenden Haltungsvarianten oder Rückenformen sowie Wirbelsäulenpathologien und Halteleistungsinsuffizienzen bleibt vom Tragen in Tragevorrichtungen unabhängig.“ (100)

Die Anatomie des Babies spricht auch gegen diesen Vorwurf. Am Anfang ist der Rücken gerundet, die typische s-förmige Krümmung der Wirbelsäule bildet sich erst heraus, wenn das Kind zu laufen beginnt. Die etwas zusammengekauerte Haltung im Tragetuch oder -sack kommt daher der Form der Wirbelsäule viel mehr entgegen als das flache Liegen. Wird das Baby nahe am Körper getragen und durch die Tragehilfe gut gestützt, so gibt es auch keine Stöße auf die Wirbelkörper und Bandscheiben – ganz im Gegensatz zum Laufen oder Springen, das dem Kind ja auch niemand verbieten wird. Für die Entwicklung der Rückenmuskulatur, die die Wirbelsäule stützt, gibt das Getragenwerden wichtige und nützliche Anreize. Bei den Naturvölkern, die ihre Kinder sehr viel tragen, fällt ebenfalls keine Häufung von Rückenproblemen auf. Und längst nicht alle dieser Mütter sind ausschließlich mit Feldarbeit beschäftigt, so dass die Kinder überwiegend auf ihren gebeugten Rücken liegen, wie Kritiker oft anführen. Was die Hüftgelenksdysplasie angeht, so ist bereits erwiesen, dass die Verwendung geeigneter Tragehilfen in den ersten Monaten vorbeugend gegen diese Krankheit wirken kann. Diese entsprechen dem früher oft empfohlenen „breiten Wickeln“, das die Beinchen in einem Winkel abspreizt, der günstig für eine ideale Entwicklung der noch weichen Hüftgelenkspfannen ist. Daher ist es wichtig, darauf zu achten, ob die Tragehilfe diesen „Spreiz-Anhock-Sitz“ gewährleistet. Bei richtiger Bindeweise des Tragetuches, aber auch bei einigen vorgefertigten Tragehilfen ist dies der Fall. Von Ökotest gibt es einen über das Internet erhältlichen Test, aus dem hervorgeht, welche Tragesäcke aus orthopädischer Sicht nicht zu empfehlen sind.

Tragen schadet dem Rücken der Mutter

Wenn die Mutter ihr Baby von Anfang an trägt, dann werden die dafür wichtigen Muskeln trainiert und gestärkt und „wachsen“ sozusagen mit ihrer Aufgabe und dem Gewicht des Kindes mit. Bei einer guten Tragehilfe wird die Belastung außerdem verteilt und teilweise auch auf die Hüften verlagert.

Später kann das etwas schwerere Kind im Tuch mit der so genannten „Rucksacktrage“ auf dem Rücken transportiert werden. Das reduziert die Belastung weiter und ist vielen Müttern und ihren Muskeln schon vom Tragen des normalen Rucksacks her bekannt.

Tragen verwöhnt Babys

Einen Säugling kann man nicht verwöhnen, schon gar nicht, wenn man seinem Grundbedürfnis nach Körperkontakt und Zuwendung nachkommt. Ein Kind, dessen Verlangen nach Nähe zu den Eltern frühzeitig und zuverlässig gestillt wird, hat die besten Voraussetzungen, um später zufrieden und selbständig seine eigenen Wege zu gehen.

Im Tragetuch bekommt das Baby zu wenig Sauerstoff

Stimmt nicht! Studien der Kinderklinik der Universität Köln haben ergeben, dass die Sauerstoffsättigung des Blutes bei Neugeborenen im Tragetuch um lediglich ein Prozent absinkt. Dieser Wert ist bei gesunden Babies völlig unbedenklich.

Im Tragetuch friert das Baby leichter

Wenn die Außentemperatur sehr niedrig ist, ist es wichtig, auf die richtige Kleidung, vor allem aber die richtige Trageweise zu achten. Wird das Baby am Bauch der Mutter oder des Vaters getragen und am besten noch mit unter den Mantel genommen, dann bekommt es so viel Körperwärme des Elternteils ab, dass es sicher nicht frieren wird. Die Rückentrage über der Jacke der Tragerin / des Trägers kann dann allerdings wirklich ungeeignet sein, weil das Baby nicht von der Körpertemperatur des Tragenden profitiert und es für diesen noch dazu schwer zu überprüfen ist, ob es, vor allem an den Beinen, kalt wird.

Ich komme zu nichts mehr, wenn das Baby sich ans Tragen gewöhnt hat!

Das Gegenteil ist der Fall. Zumindest, wenn man grundsätzlich anerkennt, dass Babys nun einmal gute Gründe haben, sich nicht ablegen zu lassen. Am Anfang ist es der Urinstinkt, der dem Säugling sagt, dass er verloren ist, wenn er „in freier Wildbahn“ allein irgendwo liegen bleibt. Später kommt dann noch die natürliche Neugier, Kommunikationsbereitschaft und Entdeckerfreude dazu, die die Krabbeldecke für längere Zeiträume zu langweilig erscheinen lässt. Die Mutter oder der Vater wird also permanent zwischen ihrer oder seiner eigentlichen Tätigkeit und dem Baby hin- und herlaufen und das Kleine will letztendlich doch auf den Arm. Eine Tragehilfe, die sich jede/r, der sich für häufiges Tragen entscheidet, anschaffen wird, ist daher das geeignete Mittel, die Hände und auch den Kopf frei zu bekommen für Hausarbeit, ältere Geschwister oder was sonst zu tun ist.

Quelle: www.rabeneltern.org